Kontakt & PM

Kontaktiert uns gern per Mail, gern verschlüsselt

schwarzlilaflinte@systemli.org

SchwarzLila Flinten (61C17EE6) – Öffentlich

 

Pressemitteilung des schwarzlilaFlinten-Kollektivs vom 16. Mai 2020

Kino, Vergewaltigung, Kultur

In Berlin hängen seit heute wieder vor einigen Kinos große Plakate mit
der Aufschrift: „Auch Corona stoppt nicht die sexualisierte Gewalt – The
Power of No! – Ein Vergewaltiger, der Filme macht, ist immer noch ein
Vergewaltiger.“ Durch diese Adbustings, weitere Straßenkunst und mit
einem offenen Brief an Kinobetreibende und das Publikum (unten verlinkt)
hat das Kollektiv „Schwarzlila-FLINTEN“ zum Aufschrei gegen die
skandalöse Anerkennung des Films „Intrige“ vom Regisseur Roman Polanski
aufgerufen. Denn Polanski ist zu einer Symbolfigur für
Vergewaltigungskultur geworden. Das Kollektiv will darauf aufmerksam
machen, dass eine solche unreflektierte Anerkennung
sexualisierte Gewalt bagatellisiert und dabei institutionalisiert.

„Kunst darf nicht auf so scheinheilige Weise entpolitisiert werden, wie
es manche tun, indem sie Werk und Täter zu trennen versuchen. Dadurch
wird eine Vergewaltigungskultur weitergeführt, in der Täter ihr Handeln
fortsetzen können, solange sie nur über ausreichend Reputation und Macht
verfügen.“, sagt Natalie, eine Sprecherin der Gruppe. „Diese
Vergewaltigungskultur wird aber nicht nur von Menschen in sozialen und
kulturellen Machtpositionen ernährt, sondern findet in alltäglichen
Erlebnissen, Gewöhnheiten und Strukturen ihre Wurzeln.”

1977 hatte Roman Polanski in den USA im Alter von 43 Jahren die damals
13-jährige Samantha Geimer vergewaltigt und floh vor der Verurteilung.
Seitdem wurde er von mindestens vier weiteren Frauen der Vergewaltigung
beschuldigt. Für seinen Film „Intrige“ erhielt ungeachtet dessen unter
anderem 2019 den französischen César als bester Regisseur und war auch
für weitere Filmpreise nominiert. Keiner der Betroffenen jedoch, wurde
bisher Gerechtigkeit vor Gericht zuteil.
Es gehe bei der Aktion nicht darum, ob Polanski Filme dreht oder nicht.
Das Kollektiv sagt, der eigentliche Skandal bestehe darin, dass seine
Position legitimiert und die der Betroffenen verhöhnt wird. Es geht auch
nicht darum, Polanski als Person zu diffamieren, sondern die Denkmuster
und patriarchische Tradition, die dahinter stehen. Es gibt viele Fälle
von sexualisierter Gewalt überall in der Gesellschaft, die alle
unerträglich sind. Die Sprecherin Natalie sagt: „Diese Gewalt wird von
der Gesellschaft akzeptiert und dabei routiniert. Es gibt verschiedene
soziale Phänomene wie den allgemeinen Diskurs über Sexualität, das
perverse Erzeugen von Schuldgefühlen bei den Betroffenen, das Gesetz des
Schweigens und patriarchale Hierarchien. All diese Dinge gestalten eine
Vergewaltigungskultur, die eine ganze Reihe von Verhalten, Gedanken und
Ritualen beinhaltet, vom cat calling bis zum körperlichen Angriff über
öffentliche Anerkennung Polanskis.“
Das Kollektiv fordert von Zuschauenden ein kritisches Bewusstsein und
Verantwortungsgefühl. Es ist bereits ein wichtiger Schritt, einfach
nicht ins Kino zu gehen, sich zu beschweren oder andere zu informieren,
um sich mit den Betroffenen zu solidarisieren und ein klares NEIN zu
sexualisierter Gewalt zu setzen.“ Die Forderungen an die Berliner Kinos
sind, Verantwortung zu übernehmen und sich klar gegen eine die
Symbolfigur der Vergewaltigungskultur zu positionieren. Die Filmauswahl,
die ins Programm aufgenommen wird, sollte politisches, kulturelles und
soziales Engagement zeigen. Die Forderung ist daher nicht unbedingt,
dass den Film aus dem Programm gestrichen wird, sondern dass die Kinos
mindestens eine Triggerwarnung geben, diese Gewalt transparent machen
und dabei die Zuschauer*innen sensibilisieren.
Gruppen wie Filmlöw_innen und Femplak Berlin haben sich bereits mit den
Forderungen solidarisiert.

Wir denken an Samantha Geimer, Renate Langer, „Robin M.“, Marianne
Bernard, Charlotte Lewis, Mallory Millett, Valentine Monnier und alle
andere, die von dieser ekligen Gewalt betroffen wurden. Und heben alle
zusammen unsere Stimmen gegen das Patriarchat und seine gewaltätigen
Folgen.

Das schwarzlilaFLINTEN-Kollektiv